Lokalaugenschein No. 1

Das kleine Schwarze.
Ein Architektenhaus mit Mini-Budget

Von Steffi

Im September 2013 war ich mit einer Studentengruppe bei Andrea Falkner und Alexander Tuschner zu Besuch. Die beiden haben das Haus, in dem sie seit 2010 mit ihrer Tochter leben, von X-Architekten aus Linz planen lassen. Das Besondere daran: das Budget entsprach den Kosten für ein Fertighaus aus dem Katalog. X-Architekten haben die Herausforderung angenommen.

Das schwarze Häuschen liegt zwischen Bauernhöfen in die ländliche Umgebung eingebettet, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Eigentlich hat man das Gefühl, es könnte immer schon da gewesen sein. Der Bezug zu den umliegenden Einspringerhöfen mag auf den ersten Blick nicht offensichtlich sein (ich erinnere mich an Kommentare aus der Nachbarschaft à la ,,wos had des Ding bittschen mit am Bauernhof gemeinsam?“), auf den zweiten Blick aber durchaus: Einspringerhöfe sind so zusagen Vierkanthöfe, bei denen eine die Hofaußenkante offen bleibt. Die Stirnseite dieser offenen Ecke diente als Vorbild für die Form des ,,Kleinen Schwarzen“.

Den Pragmatismus, wie die Funktion angeordnet sind, empfinde ich aber als noch viel stärkeren Bezug auf ländliche Baukultur. In traditionellen Bauernhöfen dieser Gegend sind die unterschiedlichen Funktionen unter einem Dach vereint. Genau nach dieser Prinzip funktioniert das kleine Schwarze: Das Hauptgebäude und das Nebengebäude (in dem die Heizung, das Pelletslager und ein Lagerraum untergebracht sind) werden von einer überdachten Durchfahrt verbunden, sodass alle Gebäudeteile im Trockenen zugänglich sind.

Wie haben die Architekten nun die Baukosten in den Griff bekommen?

Nummer Eins: ein schlankes Raumprogramm. Auf 115 m² Wohnfläche finden sich eine Wohn-Ess-Küche zum Garten, der Vorraum, das Gäste-WC und der Hauswirtschaftsraum im Erdgeschoß. Ein Bad, ein Kinderzimmer , das Elternschlafzimmer und eine kleiner Musizierbereich, der zu einem zweiten Kinderzimmer umgebaut werden kann, befindet sich im Obergeschoß. Im Vorentwurf war das Haus noch um einiges kleiner und wurde erst später auf Wunsch der Bauherren vergrößert. Der ursprüngliche Kostenrahmen von 150.000 Euro wurde dadurch zwar gesprengt, dafür gibt es jetzt genug Platz zum Wohlfühlen.

Essbereich
Essen.

Nummer Zwei der Kostensparmaßnahmen: ungewöhnliche, auch industrielle Materialien. Die Fassade und das Dach sind mit dunklen Faserzementwellplatten verkleidet, die in zeitgenössischer Architektur kaum Verwendung finden. Doch das kleine Schwarze trägt Welleternit mit Selbstbewusstsein. Praktischer Nebeneffekt: Das Wasser läuft vom Dach über die Fassade nach unten und versickert anschließend im Boden. Die Regenrinne spart man sich somit.

Im Innenraum sind die Wände mit weiß lasierten Seekieferplatten beplankt. Die Maserung erzeugt ein lebhaftes Bild, das mit der schlichten Bodengestaltung harmoniert. Im Prinzip handelt es sich um Industrieböden: Der Estrich wurde direkt verspachtelt, ohne dass ein separater Bodenbelag aufgebracht wurde. Es enstand eine homogene, glatte Oberfläche, wie aus einem Guss. Im Bad setzt sich die reduzierte Gestaltung fort: weiße Standard-Wandfliesen, eine Dusche ohne Duschwand und derselbe verspachtelte Estrich.

Die große Fixverglasung im Wohnzimmer wurde von den Bauherren trotz der hohen Kosten gewählt. Herr Tuschner meinte, er und seine Frau hätten die Mehrkosten in Kauf genommen, weil ihnen die Fixverglasung einfach so gut gefallen habe, dass sie nicht widerstehen konnten.

Bad

Nummer Drei: Architektur trifft auf Selbstmacher. Im kleinen Schwarzen steckt auch ganz schön viel Eigenleistung. Wenn ich mich richtig erinnere, vertreibt ein Bekannter der Familie Wohnraumlüftungen. Über den Bekannten konnte die Anlage günstiger bezogen und selber installiert werden. Außerdem ist im gesamten Haus die Innenwandverkleidung von Hand lasiert. Ja , man sieht natürlich, dass die Farben zum Teil etwas fleckig und unregelmäßig ist. Hat auch kein Profi und keine Maschine gemacht. Dafür sind die Bauherren ziemlich stolz darauf, dass sie die gesamte Wandverkleidung selbst gestrichen haben. Beim zuhören merk man ganz stark, das die beiden durch das Mitanpacken eine besondere Beziehung zu ihrem Haus aufgebaut haben.

Am Ende des Gesprächs meinten Herr Tuschner und Frau Falkner, sie würden auf jeden Fall wieder mit X-Architekten bauen; ob X-Architekten sich noch einmal auf ihr Mini-Budget und die damit verbundenen Grübeleien, Tüfteleien und Kopfschmerzen einlassen würden – das bleibt als Frage im Raum stehen.

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